Wallace & Gromit: The Curse of the Were-Rabbit (Nick Park, 2005)

„Wallace & Gromit: The Curse of the Were-Rabbit“ (2005) von Nick Park

Is‘, was Dog?

Die Geschichte der englischen Kultur ist reich bestückt mit eigenartigen Paaren: Romeo und Julia, Holmes und Watson, Gilbert und Sullivan, Charles und Camilla… Mit Fug und Recht darf man behaupten, dass unter all diesen seltsamen Gespannen, das Plastilinpärchen Wallace und Gromit zu den sympathischsten zählt. Wallace ist der aus drei vorangegangenen Abenteuern bekannte englische Kleinbürger mit grünem Strick-Pullunder, der gerne an Maschinen tüftelt und sich dabei in größte Schwierigkeiten bringt. Diesem wurstfingrigen Käseliebhaber steht als getreuer Eckart der stoisch-stumme, aber schlaue Hund Gromit zur Seite. Bevor seinem Herrchen was passiert, würde Gromit, nun ja, lieber vor die Hunde gehen. W & G leben insofern in einer perfekten Wohngemeinschaft.

Dieses Mal sind die beiden im Anti-Ungeziefer-Geschäft tätig. Ein wichtiger Job, denn ein renommierter Gemüsezuchtwettbewerb steht vor der Tür. Da kann es nicht angehen, dass eine Horde von Kaninchen die Früchte des Erfolgs anknabbert. Bestückt mit technischem Schnickschnack rücken Wallace und Gromit raus an die Front. Diese Mission bringt sie alsbald in die Nähe des britischen Adels – insbesondere des eifersüchtigen Victor Quartermaines (im Original gesprochen von Ralph Fiennes) und dessen Angebeteter Lady Totti. Diese hat zwar eine Frisur wie Gloria von Thurn und Taxis zu ihren wüstesten Zeiten, übt als Aristokratin aber selbstredend einen unwiderstehlichen Charme auf den Kleinbürger Wallace aus. Befeuert von Ehrgeiz, Gefallsucht und moralischem Impetus, versucht er die Kaninchen zu reformieren und vom illegalen Weg des Gemüsefressens abzubringen. Mithilfe einer selbstgebastelten Maschine sollen die Kaninchen bei Vollmond zu besseren Tieren gemacht werden. Wie bei Dr. Frankenstein, diesem anderen fehlgeleiteten Tüftler englischer Provenienz, ist das Ergebnis jedoch monströs. Ein gemüserünstiges Riesenkaninchen macht fortan die Runde durch die Vorgärten und reißt und zerfetzt alles was sich ihm als Gurken und Karotten in den Weg stellt.

Der Film hat seine diebische Freude daran, diesem wildgewordenen Steiff-Tier mit subjektiven Kamerafahrten, Geräuschen aus dem Off und unheilvollen Schattenwürfen auf den Fersen zu bleiben. Ganz im Stil des Horrorfilms. Großbritannien war Ende der 50er Jahre die Hochburg des weltweiten Horrorkinos. Diese Glanzzeit der Hammer-Studios sollte man im Hinterkopf behalten, denn Regisseur Nick Park spielt geschickt mit deren Erbe.

Wie er auch sonst gerne augenzwinkernd auf allerlei mehr oder minder hochwertige britische Kulturgüter verweist: Manchester United, die Gothic Novel, Harry Potter, die Royal Family und was man als mindergebildeter Hunne sonst noch alles übersehen hat.

Ein Teil des Spaßes von „Wallace und Gromit“ besteht ja immer auch darin, die kleinen und größeren Anspielungen zu entdecken, die sich irgendwo im Film versteckt finden. In dieser Hinsicht funktioniert das Kino von Nick Park wie andere postmoderne Animationsfilme der „Shrek“-Kategorie: Der Film dient als bewegtes Bilderrätsel, das den Zuschauer einlädt, die Leinwand fieberhaft mit Blicken abzugrasen, um sein (pop)kulturelles Wissen unter Beweis zu stellen. Spätestens wenn von irgendwo tief hinten im Saal ein triumphierendes „Hab’s verstanden“-Gelächter ertönt, weiß man: wieder mal hat ein anderer mehr gesehen. Das ist schon deshalb verschmerzbar, weil „Wallace und Gromit“ noch zu ganz anderen Entdeckungen – und damit Formen des Gelächters – einlädt. Hört man zum Beispiel ein eher dreckiges Wiehern von den billigen Plätzen, dann sollte man nach einem von Parks anzüglichen Scherzen Ausschau halten. „Blow ’n’ Suck“ steht gut lesbar auf Wallaces Antikaninchen-Staubsauger, mit dem die kleinen Plagegeister aus dem feinen englischen Rasen gesaugt bzw. geblasen werden. Und von jenem Priester, der heimlich Heftchen mit Titeln wie „Nonnen-Wrestling“ liest, fangen wir lieber gar nicht erst an.

Ansonsten basiert der Film auf jenem Lachrezept, das längst auf die Liste des Weltkulturerbes gehört: dem britischen Humor. Wortspiele, Doppeldeutigkeiten, Ironie allenthalben. Dem Lachen wohnt bekanntlich eine befreiende Kraft inne. Insofern stellt das merkwürdige Paar Wallace und Gromit die erfolgreichste Befreiungsbewegung dar, die man sich wünschen kann.

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