The Ladykillers (Ethan & Joel Coen, 2004)

„The Ladykillers“ von Ethan & Joel Coen (2004)

Das Chamäleon hat der Evolution zwei entscheidende Vorteile abgetrotzt. Es kann die Farbe wechseln und sich damit seiner Umwelt anpassen. Außerdem ist es in der Lage, die Augen gleichzeitig in unterschiedliche Richtungen zu bewegen, um alles im Blick zu behalten. Das Brüderpaar Joel und Ethan Coen fällt seit geraumer Zeit damit auf, dass es sich gerne wie ein chamäleonartiges Kino-Reptil benimmt. Die Gebrüder gleichen sich ― stilistisch oder thematisch ― einer vergangenen Kinoepoche an und starren dabei mit einem Glupschauge gebannt auf die Vergangenheit. Gleichzeitig schielen sie aber mit dem anderen Auge immer auf ihr Habitat in der Gegenwart: O USA Where Art Thou? Dieser Silberblick ist nicht nur ziemlich komisch, sondern hält selbst im schlechtesten Fall immer ein gelungenes Stück Americana bereit.

Dieses Mal haben die Coens ein Auge auf die britische Filmgeschichte geworfen. Dabei sind sie auf Alexander Mackendricks Diebstahlskomödien-Urgestein „The Ladykillers“ gestoßen, das sie aus dem urbanen England der 50er Jahre ins ländliche Mississippi von heute verfrachten. Dadurch bietet sich den beiden einerseits die Gelegenheit, sich ihrer Liebe zur afroamerikanischen Kultur zu versichern. Auf einmal ist die unwissende Lady, bei der sich das dämliche Diebesquintett einquartiert, um einen Geldraub vorzubereiten, kein fragiles englisches Schachtelchen mehr, sondern eine wuchtig-resolute schwarze Matrone (Irma P. Hall). Wie sich das für eine tiefgläubige Südstaaten-Christin gehört, liebt die dicke Dame inbrünstige Gospelsongs und kann mit diesem neumodischen „Hippety-Hop“-Zeugs überhaupt nichts anfangen (wobei der Soundtrack von beidem beherrscht wird, Gospel und Rap).

Andererseits eröffnet sich den Coens durch die Neuverfilmung die Möglichkeit, ein eh schon amüsantes Originaldrehbuch in einen Gagschraubstock zu spannen und dabei noch ein paar Witze und Slapstick-Einlagen mehr herauszuquetschen. Dazu gehören eine Mund-zu-Hund-Beatmung; ein Hitlerbärtchen-Buddhist, der beinahe ein fremdes Gebiss verschluckt; und eine schwer haltbare Verdauungskrankheit, mit der sich die Gebrüder Coen in die Nachbarschaft der Gebrüder Farrelly begeben. Dabei muten die Coens, die schon immer gutgelaunte Sadisten waren, ihren Figuren einige nichttolerierbare Grausamkeiten zu. Zum Witzüberschuss des Remakes gehört zudem das krachende Aufeinanderprallen der ahnungslosen schwarzen Lady und ihrer Fünfer-Rasselbande, die es zur größten Idiotentruppe seit M.A.S.H. schaffen könnte. Dieser Gruppe voran steht Dr. G. H. Dorr, den Tom Hanks als Alec-Guiness-Nachfolger mit Hyperventilationsgekicher und einer Gespreiztheit ausstattet, die immer nah an der Grenze zur Übertreibung liegt. Worin er dem gesamten Film gleicht: Remake und Original verhalten sich zueinander wie ein Supersize-Burger zu einer Portion englischem Porridge. Geschmackssache also.

Was diesen Film allerdings zu einem Ereignis macht (das leider nur in der Originalversion funktioniert), ist die Orchestrierung der zahllosen Dialekte und Slangs. Die Coens erweisen sich dabei als Dirigenten mit perfektem Gehör: Virtuos schwingen sie ihren Taktstock über dem babylonischen Sprachgewirr namens Englisch.

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