Stillwater (Tom McCarthy, 2021)

Stille Wasser sind tief? Bei Bill Baker aus Oklahoma drängt sich deutsches Sprichwort-Gut nicht nur wegen seines Heimatortes Stillwater auf: Der introvertierte Mann lebt mit düsterer Vergangenheit ein falsches Leben im falschen – und hat doch das Herz natürlich irgendwie am richtigen Platz.

Bill ist ein wandelndes Wandschrank-Wrack mit schwerem Gang, Goatee und Adler-Tattoo auf dem Oberarm. In fast jeder Szene ein anderes Kurzarm-Karohemd zur Schau stellend, ist er einer jener zurückgelassenen weißen Bilderbuch-Roughnecks aus dem Mittleren Westen, für die sich spätestens nach der Wahl Trumps auch die Intellektuellen und Künstler*innen zu interessieren begannen. So nun auch Regisseur Tom McCarthy, der mit The Station Agentbekannt wurde und für seinen Journalisten-Film Spotlight viel Lob erhielt. In Stillwater vermengt er soziales Melodram mit Feel-Good-Momenten, Action-Elementen und einer detektivischen Spürhundsuche.

Durch einen jener schönen Zufälle, die sich nur das Kino ausdenken kann, lernt Bill in Marseille die französische Off-Theater-Schauspielerin Virginie und deren Fußball-liebende Tochter Maya kennen. Gegen alle Regeln der Plausibilität ziehen sie zusammen und werden, nun ja, ziemlich beste Freunde. Mit Hilfe von Virginie versucht Bill, die Unschuld seiner Tochter Allison zu beweisen, die als Gaststudentin einen Mord begangen haben soll und deshalb in Europa im Gefängnis sitzt. Wem das vage bekannt vorkommt: Ja, der Film lehnt sich an den berühmten Fall der Amanda Knox an. Doch die eigentliche Attraktion ist eine andere: Wie sich Matt Damon, der ehemalige Harvard-Student aus Massachusetts, die Figur des Bill zu eigen macht, ist Schauspieler-Mimikry erster Klasse. Wir ziehen beeindruckt die Baseballkappe: Chapeau!

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